Was soll ich sagen, 20 Jahre Arbeit im Sozial- und Gesundheitswesen sind nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Wenn es was zu dokumentieren gibt, bin ich dabei. Dokumentation gehört in unserem Bereich mittlerweile zu den Kernaufgaben. Als Oberstreberpatientin mit dem hartnäckigen Willen verflixt nachmal irgendetwas Tun zu können, habe ich mich mit voller Motivation auf die letzten Seiten des PEM-Avoid Kits gestürzt (siehe Pacing Blogbeitrag ganz unten), die eine Aktivitäts- und Symptomdokumentationsvorlage anbieten.
Ich führe diese persönliche Doku in abgeänderter Form (ich habe sie auf meine Symptome zugeschnitten, dokumentiere zusätzlich Schritte, Stresslevel etc laut Pulsuhr und vermerke Therapien & NEMs+Medikamente) mittlerweile seit zweienhalb Monaten. Manchmal nervt sie mich. Ähnlich wie in der Arbeit. Aber sie ist wichtig. Auch wie in der Arbeit.
Für mich sprechen einige Punkte bei Long Covid für eine derartige Mitschrift. Natürlich erkenne ich dadurch, welche Auslöser es für Verschlechterungen in der Symptomatik gibt. Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, kann ich das immer ziemlich genau herleiten, wann ich nicht im Stande war, Pacing zu praktizieren.
Viel bedeutsamer erscheint mir allerdings, dass durch die Doku, die kleinen positiven Entwicklungen und Mikroerfolge im Genesungsprozess verdeutlicht werden, die mir sonst im Alltag untergehen würden.
Wenn ich das Gefühl habe, es tut sich gar nix, weil die Fatigue schon lange in gleichbleibender Ausgeprägung vorhanden ist, zeigt mir die Doku, dass mein Körper in der Zwischenzeit 3 andere kleine Nebenschauplätze von Long Covid erfolgreich bearbeitet und aufgelöst hat. Anstatt mich zu ärgern, kann ich dann dankbar sein.
Gleichzeitig beginne ich den Krankheitsverlauf besser zu verstehen. Ich erkenne Stabilisierungsphasen. Und ich erkenne, das längere Stabilisierungsphasen in zarte Verbesserungsschritte münden. Dadurch kann ich geduldig sein. Weil ich weiß, dass es besser wird. Es braucht nur Zeit. Viel Zeit.
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